B. DAS RISIKO EINES ALLEIN AUF DIE BEDüRFNISSE DER NATO ZUGESCHNITTENEN DOKUMENTS
Um einen Ausruf zu zitieren, der während der Anhörungen zu diesem neuen Projekt, dem Strategischen Kompass, zu hören war: der Kompass der Europäer ist die NATO!
Wie wir gesehen haben, tragen viele Faktoren zu einem relativen Desinteresse am Strategischen Kompass und zu seiner Einbettung in den Windschatten einer vermessenen NATO und ihres zukünftigen strategischen Konzepts bei. Zur Veranschaulichung: Selbst ein Staat wie Finnland, der nicht der NATO angehört und lange Zeit die Stärkung der GSVP unterstützt hat, scheint sich nicht mehr sehr für den Strategischen Kompass zu engagieren.
Die Gefahr eines Kompasses, der das strategische Konzept der NATO widerspiegelt, damit beginnt, sich an der NATO-Agenda 2030 zu orientieren, keine Alternative zu den Ambitionen der NATO vorschlägt oder ihnen etwas entgegensetzen könnte, nicht nur in militärischen Fragen, sondern auch in Sachen Resilienz, und dessen Haupterwartungen in der Vertiefung der Partnerschaft“ mit der NATO beständen, scheint real.
In Anbetracht der sich aus ihrer Abhängigkeit von der NATO ergebenden systematischen Ausrichtung einiger Mitgliedstaaten auf die Ansichten der USA, liegt der inhaltliche Reichtum des Strategischen Kompasses diesbezüglich in den Händen der USA. Die von ihnen ausgesandten Signale hinsichtlich des Grads einer möglichen Autonomie der EU werden bis zum Abschluss des Prozesses aufmerksam interpretiert. Möglicherweise sind diese Signale Teil einer Feinabstimmung, mit der die europäischen Bündnispartner dazu ermutigt werden sollen, sich strategisch vollständig in die NATO zu integrieren, insbesondere gegenüber China, und gleichzeitig ihre Anstrengungen im Bereich der Militärausgaben fortzusetzen.
C. DAS RISIKO EINES AMBITIONIERTEN DOKUMENTS, DAS JEDOCH NUR WENIG WIRKUNG ZEIGT
Auch wenn das Schlussdokument nicht den französischen Ambitionen entspräche, könnte es durchaus interessante Perspektiven eröffnen, insbesondere im Zusammenhang mit Resilienz bezüglich strittiger Zonen, deren Fortbestand organisiert werden muss. Hinsichtlich der GSVP würde die von Josep Borrell unterstützte erste Vorauskraft von 5 000 Mann einen wesentlichen Durchbruch darstellen (siehe vorstehend). Dies wäre ein vernünftiges Ziel für die gesamte EU und wenn es so gestaltet wird, dass erhebliche Duplizierungen vermieden werden, könnten weder die NATO noch die USA ernsthafte Einwände erheben.
Aus diesem Grund muss ein Follow up-Mechanismus sowie eine bessere politische Behandlung gewährleistet werden, was einem der wichtigsten französischen Anliegen entspricht (siehe vorstehend).
Der Strategische Kompass sollte daher einen Zeitplan für die Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen bis zum Jahr 2030 sowie einen Follow up-Mechanismus enthalten, z. B. regelmäßige zwischenstaatliche Treffen, um eine Bilanz der Verwirklichung der operativen Ziele zu ziehen, Sitzungen, die in den folgenden Ratspräsidentschaften weitergeführt werden könnten, insbesondere von der Tschechischen Republik im zweiten Halbjahr 2022 und Schweden im ersten Halbjahr 2023 (mit dem Frankreich das nächste Trio“ bilden wird).